Erste Hilfe am Pferd – was ist zu tun?

Jede Verletzung oder Erkrankung des Pferdes bringt individuelle Anforderungen an die Erstversorgung mit sich. Zunächst einmal sollte man sich als Ersthelfer einen Überblick über die Situation verschaffen. Was ist passiert? Wie ist der allgemeine Zustand des Pferdes? Was kann man für die Erstversorgung tun und muss ein Tierarzt hinzugezogen werden?

Pferd mit Wunde oberhalb vom Auge

Bist du bei einem Reitunfall selbst oder andere Reiter involviert, solltest du zunächst dich selbst und deine Mitmenschen versorgen. Nur so kannst du gewährleisten, dass die Erstversorgung auch für dein Pferd gesichert ist!

Erkrankungen und Verletzungen erkennen

Als Pferdebesitzer kennst du dein Pferd am besten, daher fällt es dir leicht, den Gesundheitszustand und das Verhalten deines Pferdes auf den ersten Blick zu beurteilen. Dennoch solltest du dich nicht ausschließlich auf dein Bauchgefühl verlassen. Folgende Tipps können helfen, Erkrankungen zu erkennen und erste Maßnahmen einzuleiten:

  • Ein Erste-Hilfe-Kurs hilft, sicherer im Umgang mit Notfallsituationen zu werden. Mittlerweile werden Erste-Hilfe-Kurse für Pferde von vielen Tierärzten oder auch als Online-Seminar angeboten. Hier wird nicht nur über die Erstversorgung aufgeklärt, du erhältst auch wichtige Infos zu den typischen Erkrankungen und Notfällen, um die Situationen besser einordnen zu können. Wenn es um den Reitsport geht, passieren auch häufig Unfälle, in denen Reiter involviert sind – frische dein Wissen rund um die Erste Hilfe am Menschen ebenfalls regelmäßig auf!
  • Solltest du Auffälligkeiten an deinem Pferd feststellen, gilt es, die Situation schnellstmöglich einzuordnen. Bei Erkrankungen kann jede noch so unwichtig erscheinende Information ein wichtiger Hinweis für den behandelnden Tierarzt sein. Führe bis zum Eintreffen des Tierarztes Protokoll über den Zustand und das Verhalten deines Pferdes – wann hat dein Pferd das letzte Mal gefressen und getrunken? Wann wurde Kot oder Harn abgesetzt? Wie verhält sich das Pferd? Bewegt sich das Pferd anders als üblich?
  • Abweichungen von den PAT-Werten geben häufig Aufschluss darüber, wenn etwas nicht stimmt:
PULS28-40 Schläge pro MinuteAn Mittelfuß oder Unterkieferarterie fühlen
ATEM8-16 Atemzüge pro MinuteNüstern- und Flankenbewegung beobachten
TEMPERATUR37,0-38,0°CMit dem Fieberthermometer messen

Unter Beobachtung

Du kannst nicht rund um die Uhr bei deinem Pferd sein. In einer guten Stallgemeinschaft sollte jeder zur Gesunderhaltung aller Pferde beitragen, indem man nicht nur sein eigenes Pferd, sondern auch die anderen Stallbewohner gut beobachtet. Stelle bei längerer Abwesenheit sicher, dass deine Stallgemeinschaft die wichtigsten Infos und Notfallkontakte zur Hand haben und schnell reagieren können. Da im äußersten Notfall häufig auch überlebenswichtige Entscheidungen getroffen werden müssen, empfehlen wir zusätzlich eine Notfallvollmacht für den Stallbetreiber oder die Urlaubsvertretung auszustellen, sodass dein Pferd auch in deiner Abwesenheit stets in deinem Sinne versorgt wird.

Hier findest du unsere Vorlagen mit den wichtigsten Infos und einer Notfallvollmacht für deine Urlaubsvertretung:

Welche Erkankungen und Verletzungen kann ich selbst versorgen?

Grundsätzlich gilt: bist du dir unsicher, was den Gesundheitszustand deines Pferdes betrifft, solltest du in jedem Falle deinen Tierarzt kontaktieren!

Kleinere Wunden und Schrammen, die häufig während des Weidegangs passieren, können in den meisten Fällen selbst versorgt werden und heilen bei entsprechender Nachversorgung auch folgenlos ab.

Gewusst wie

Auch bei der Erstversorgung von kleineren Wunden zahlt sich ein Erste-Hilfe-Kurs aus! Ein falsch angelegter Verband kann Schäden am Gewebe verursachen, zudem muss bei offenen Wunden stets sauber gearbeitet werden. Steriles Verbandsmaterial und gewaschene/desinfizierte Hände sind ein Muss!

Ringelblumen-Balsam zur Hautpflege des Pferdes

Wann sollte ich den Tierarzt zu Rate ziehen?

Generell sollte man im Zweifelsfall immer einmal zu viel beim Tierarzt anrufen, als einmal zu wenig. In folgenden Fällen sollte man die Situation definitiv als Notfall einstufen:

  • große Wunden, die mit starken Blutungen einhergehen
  • starke Schwellungen
  • hohes Fieber
  • Abweichungen von den PAT-Werten
  • Atemnot
  • Bewusstseinsstörungen
  • Kreislaufprobleme
  • hochgradige Lahmheiten

Wenn Anzeichen folgender Erkrankungen festzustellen sind, sollte man ebenfalls umgehend einen Tierarzt kontaktieren:

  • Kolik
  • Schlundverstopfung
  • Kreuzverschlag
  • Hufrehe
  • Tetanus
  • Hitzschlag

Den Tierarzt verständigen – klare Ansagen sind wichtig!

Ist das Pferd akut erkrankt oder hat sich ein Unfall ereignet, befindet man sich als Besitzer in einem absoluten Ausnahmezustand. Damit dein Pferd schnell versorgt werden kann, solltest du versuchen, Ruhe zu bewahren. Ähnlich wie beim Absetzen eines Notrufs für Menschen sollte man versuchen, die Situation mithilfe von W-Fragen so konkret wie möglich zu beschreiben:

WER ruft an?

Um WELCHES Pferd handelt es sich?

WO befindet sich das Pferd?

WELCHE Verletzungen/Symptome liegen vor?

Seit WANN ist das Pferd erkrankt oder verletzt?

WIE VIELE Pferde sind verletzt/erkrankt?

WARTE schließlich auf Anweisungen oder weitere Fragen des Tierarztes!