Sehnenschaden beim Pferd – erkennen, behandeln, vorbeugen
Sehnenschäden gehören bei Pferden zu den Top10 Verletzungen. Wir zeigen dir, warum Sehnenschäden beim Pferd keine Seltenheit sind und geben dir einen Überblick über Ursachen, Symptome, Behandlungsmöglichkeiten und Vorbeugemaßnahmen. So bist für den Akutfall eines Sehnenschadens beim Pferd gewappnet.
Wenn du tiefer in die Behandlungs- und Rehabilitationsmaßnahmen einsteigen und wissen möchtest, welche Salben und Therapiegamaschen hilfreich sein können, lies unseren aufbauenden Ratgeber „Behandlungsmöglichkeiten bei Sehnenschäden bei Pferden“.

Der Sehnenapparat des Pferdes – empfindliche Konstruktion
Die Pferdebeine bestehen aus nur wenigen Muskeln, dafür hauptsächlich aus Knochen, Knorpel, Sehnen und Bändern. Sehnen sind Faserbündel, die eng mit Muskeln und Knochen verbunden sind und für die Übertragung von Kraft in Bewegungsenergie zuständig sind. Bei Pferden sind drei Arten von Sehnen nennenswert, die auch am häufigsten von Verletzungen betroffen sind:
- tiefe Beugesehne (wird beim Abfußen stark belastet)
- Fesselträger (hinter der tiefen Beugesehne)
- oberflächliche Beugesehne (wird beim Auffußen stark belastet und kann sich bis zu 16 % ihrer Normalgröße dehnen, das sieht man vor allem bei Springpferden in der Landung)
Sehnen sind in einem Pferdealter von ca. 6 Jahren ausgereift, wobei Muskeln schon früher reifer sind. Das heißt, ein von außen betrachtet „fertig wirkendes“ Pferd hat noch nicht voll belastungsfähige Sehnen und Bänder. Pferde also, die früh durch den Sport stark belastet werden, sind einem höheren Verletzungsrisiko der Sehnen ausgesetzt.
Kommt es zu kleineren oder größeren Rissen in den Fasern oder gar einem Sehnenabriss, wächst in der Heilungsphase Narbengewebe nach, das weniger elastisch und belastungsfähig ist. Die Sehne kann demnach auch nach vollständigem Ausheilen weiterhin einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt sein.
Sehnenverletzungen an den Hinterbeinen sind ebenfalls möglich, jedoch sind die Vorderbeine deutlich häufiger von Sehnenschäden betroffen.
Symptome: Woran erkenne ich einen Sehnenschaden beim Pferd?
Typische Symptome einer Sehnenverletzung sind:
- Schwellung der betroffenen Stelle, das Bein ist gebogen wie eine Banane
- Wärme, die eine Entzündung signalisiert
- Berührungsempfindlichkeit an der entzündeten Stelle
- Entlasten des betroffenen Beins
- Lahmheit als typische Schmerzreaktion, stärkeres Lahmen auf weichem Boden als auf hartem, weil hier die Sehne stärker belastet
Es gibt auch Fälle mit Sehnenschäden ohne Lahmheit, was eine frühzeitige Diagnose erschweren kann. Wärme und leichte Schwellungen sind erste Warnsignale dafür, dass etwas im Argen liegt und worauf man unverzüglich reagieren muss. Bei chronischen Sehnenschäden leidet das Pferd unter immer wiederkehrenden Beinerkrankungen, auch ist dann das Ausheilen einer Verletzung langwieriger als üblich

Ein Sehnenschaden beim Pferd ist ein Fall für den Tierarzt!
Wir empfehlen bei jedem Anzeichen einer Lahmheit und vermutetem Sehnenschaden den Tierarzt zu konsultieren. Bis der Tierarzt im Stall erscheinen kann, sollte die Erste Hilfe bei einem Sehnenschaden folgendermaßen aussehen: ruhig stellen und kühlen.
Der Tierarzt wird nach einer klinischen Untersuchung mit Abtasten der Sehne eventuell einen Ultraschall machen, um den Sehnenschaden und seinen Schweregrad zweifelsfrei festzustellen.
Ursachen: Warum gehören Sehnenschäden zu den häufigsten Verletzungen bei Pferden?
Die Sehnen sind beim Lauftier Pferd sehr großen Belastungen ausgesetzt: Beim Training, bei sozialen Interaktionen, bei schlechten Haltungs- und Trainingsbedingungen. Außerdem liegen die Sehnen am Pferdebein dicht unter der Oberfläche und werden nicht durch Muskeln geschützt, was sie empfänglich für stumpfe Traumata macht.
Warum aber stellen Sehnen generell ein Problem dar? Die Faserbündel sind nur sehr schlecht durchblutet und benötigen dadurch bis zu einem halben Jahr, bis ihr Gewebe erneuert ist. Ihr langsamer Heilungsprozess und ihr zum Teil schleichendes Auftreten machen Sehnenverletzungen beim Pferd zu einem gefürchteten Problem. Denn auch nach Ausheilen bleibt das erneute Verletzungsrisiko hoch: Das sich gebildete Narbengewebe ist weniger elastisch und belastungsfähig.
Neben dem verfrühten Einsatz im Sport, können weitere Faktoren Ursachen für Sehnenverletzungen beim Pferd sein:
- Übergewicht
- Mangel an wertvollen Nährstoffen wie Kollagen, Omega-Fettsäuren und Schwefel
- Muskelermüdung (durch ihre enge Verbindung puffert ein müder Muskel weniger Last ab und die Sehne wird überlastet)
- Unzureichendes Training mit schlechter Bemuskelung
- Akute Überlastung (Sturz, Tritt, Stolpern)
- Stellungsfehler der Hufe und schlechter Beschlag (siehe hier auch unseren Ratgeber „Was der Zustand der Hufe über die Pferdegesundheit aussagt“)
- Erbliche Veranlagung schwacher Sehnen
Auch ein kompletter Sehnenriss ist möglich durch beispielsweise Schnittverletzungen durch Hufeisen, Weidezaunlitze oder scharfkantigen Müll auf der Weide (Lies hierzu unsere Tipps zur Koppelpflege).
Die Vielfalt der Behandlungsmöglichkeiten
Einen Sehnenschaden beim Pferd auszukurieren, dauert seine Zeit. Auch wenn du den Heilungsprozess nicht zwingend beschleunigen kannst, kannst du die Ausbildung von Narbengewebe reduzieren und weitere Verletzungen verhindern, die die Ausheilung verzögern könnten. Dabei hast du eine Vielzahl an Möglichkeiten, die wir dir in unserem Ratgeber zur den Behandlungsmöglichkeiten von Sehnenschäden bei Pferden vorstellen.
wärmende & kühlende Gamaschen bei Sehnenschäden
Rehabilitationsphase nach einem Sehnenschaden – Tipps und Maßnahmen
Nach der Akutphase folgt der lange Weg der Rehabilitation nach einem Sehnenschaden. Je nach Ausmaß der Sehnenverletzung kann es bis zu einem Jahr dauern, bis die Sehne soweit ausgeheilt ist, dass das Pferd wieder – wenn überhaupt – normal belastet werden kann.
Halte dich unbedingt an die Anweisungen des Tierarztes und vereinbare regelmäßige Kontrolltermine, in denen der Therapieplan angepasst werden kann.
Das kontrollierte Aufbautraining nach einer Sehnenverletzung beginnt mit Schritt auf hartem Boden. Weicher Boden würde die Sehnen nur unnötig belasten. Baue die Schrittphasen Stück für Stück auf. Habe dafür im Hinterkopf, dass sich die Sehnenfasern erst nach ca. 28 Tagen allmählich in Längsrichtung wiederaufbauen, wodurch sie belastungsfähiger werden. Erst, wenn das Pferd in jeder Gangart beschwerdefrei läuft, kann es wieder geritten und voll belastet werden.

Vorbeugung von Sehnenschäden beim Pferd – Tipps für Pferdebesitzer
Vorsorge ist besser als Nachsorge – das gilt auch in Bezug auf die Sehnengesundheit unserer Pferde. Ein Sehnenschaden lässt sich nicht immer verhindern, aber man kann das Verletzungsrisiko reduzieren. Für die Sehnenprophylaxe beim Pferd kannst du folgendes tun:
- bereits im Fohlenalter für ausreichend freie Bewegung sorgen
- tägliche, freie Bewegung über mehrere Stunden, idealerweise steht das Pferd auf der Weide oder im Offenstall
- korrektes Aufwärmen und Abwärmen, insbesondere im Winter und bei Boxenpferden wichtig, die den Großteil des Tages in der Box stehen
- Muskelermüdung/Überforderung vermeiden.
- Pferdebeine nach dem Training mit kühlenden Salben einschmieren.
- sensible Pferde im Winter eindecken
- Abweichungen vom normalen Bewegungsmuster ernst nehmen und frühzeitig reagieren
- Versorgung mit Nährstoffen für einen stabilen Bewegungsapparat: Mangan, Selen, Kollagen, Magnesium. Weitere Informationen hierzu findest du in unserem Ratgeber zur Fütterung bei Sehnenschäden