Sicherheitswesten & Rückenprotektoren beim Reiten – worin liegen die Unterschiede?

Der Reitsport trägt einiges zur Fitness des Reiters bei. Die stetige Aktivierung der Bauch- und Rückenmuskulatur stärkt den Oberkörper, die aufrechte Haltung im Sattel schont dabei die Wirbelsäule. Gleichzeitig können insbesondere Stürze vom Pferd, aber auch Unfälle im Umgang mit dem Pferd vom Boden aus zu schwerwiegenden Verletzungen führen. Ca. 13 % aller Verletzungen, die durch einen Sturz vom Pferd entstanden sind, sind an Brust- und Lendenwirbelsäule zu verorten.

Michael Jung (Vielseitigkeitsreiter) mit Pferd auf Geländestrecke

Neben dem Kopf und den oberen Extremitäten gehört die Wirbelsäule somit zu den der schützenswertesten Körperteilen eines Reiters. Während man das Verletzungsrisiko an den Armen unter Umständen nur durch geschicktes Abrollverhalten beim Sturz vermindern kann, schützen Reithelme, Sicherheitswesten und Rückenprotektoren beim Reiten vor schweren Verletzungen an Kopf und Rumpf.

Reitschutzwesten – der Gesundheit verpflichtet

Während ein Reithelm mittlerweile zur Basisausstattung eines Reiters gehört, sind Reitschutzwesten beim Reiten noch relativ selten zu beobachten. Verpflichtend ist das Tragen einer Sicherheitsweste aktuell nur bei Vielseitigkeitsprüfungen im Gelände. Dennoch sollte man sich auch als Dressur-, Spring- und Freizeitreiter bewusst mit den Risiken, die der Reitsport mit sich bringt, aktiv auseinandersetzen. Das Tragen von Sturzwesten und Rückenprotektoren beim Reiten kann das Risiko für schwere Verletzungen im Bereich des Rumpfes vermindern. Neben Rippen-, Schlüsselbeinbrüchen und Verletzungen an der Wirbelsäule sollte man auch bedenken, dass es bei Stürzen vom Pferd auch zu Verletzungen der inneren Organe im Brustkorb (Herz, Lunge, Milz, etc.) kommen kann.

Grundsätzlich empfiehlt es sich daher – im Sinne der eigenen Gesundheit – das Tragen von Sicherheitswesten oder Rückenprotektoren zur Routine werden zu lassen, auch im Breitensport.

In folgenden Situationen sollten Reiter das Tragen einer Sicherheitsweste oder eines Rückenprotektors besonders in Betracht ziehen:

– in den Disziplinen Springen und beim Vielseitigkeitsreiten:

Während das Tragen einer Sturzweste in der Geländeprüfung der Vielseitigkeit bereits vorgeschrieben wird, obliegt es im Springparcours der freien Entscheidung des Reiters, ob eine Schutzweste/ein Rückenprotektor getragen wird. Durch die Hindernisse besteht ein zusätzliches Verletzungsrisiko.

Reiter und Pferd über dem Sprung
Galoppierendes Pferd

– bei der Arbeit mit Jungpferden oder temperamentvollen Pferden:

Jeder Reiter weiß um die natürlichen Instinkte eines Pferdes. Im Umgang mit dem Fluchttier Pferd sollte man sich immer wieder bewusst machen, dass ungewohnte Sinnesreize oder Situationen zu Panik führen können und es häufig mit Scheuen, Steigen, Durchgehen oder Buckeln reagiert. Befindet sich das Pferd noch in Ausbildung oder handelt es sich um ein besonders charakterstarkes Pferd, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für solche unvorhersehbaren Reaktionen.

– als Reitanfänger oder ängstlicher Reiter:

Übung macht den Meister! Je erfahrener man im Umgang mit dem Pferd ist, desto kompetenter kann man auch schwierige Situationen im Sattel meistern. Nur durch regelmäßiges jahrelanges Training und der Unterstützung eines erfahrenen Reitlehrers lernt man auch in hitzigen Momenten einen kühlen Kopf zu bewahren. Reitwesten bieten vor allem Reitanfängern einen zusätzlichen Schutz. Vor allem Kinder können anfangs nicht die erforderliche Kraft entwickeln, um sich im Sattel zu halten, wenn das Pferd buckelt oder steigt.

Kind mit Pony

Als präventive Maßnahme sollten neben einer soliden Ausbildung von Pferd und Reiter daher auch Sicherheitswesten oder Rückenprotektoren beim Reiten getragen werden. Auch der psychologische Aspekt spielt eine immense Rolle und kann zur Sicherheit im Sattel beitragen. Insbesondere erwachsene Wiedereinsteiger oder Reiter, die zuletzt schlechte Erfahrungen beim Reiten gemacht haben, haben häufig mit Ängsten zu tun. Auch hier kann das Tragen einer Sicherheitsweste oder eines Rückenprotektors zum eigenen Sicherheitsempfinden beitragen und das Vertrauen stärken.

Wanderreiter auf einem Pferd

– bei Ausritten im Gelände:

In ihrer gewohnten Umgebung fühlen sich Pferde meist wohl. Viele Reitunfälle passieren daher auch bei Ausritten im Gelände, z.B. weil das Pferd ein ihm unvertrautes Geräusch vernommen hat oder ein unbekanntes Objekt im Sehfeld des Pferdes erscheint. Ausritte sollten daher nur erfolgen, wenn Pferd und Reiter sich im Gelände sicher fühlen oder man sich in Begleitung eines erfahrenen Reiters befindet. Da man bei Stürzen im Gelände teilweise auch auf hartem Untergrund aufkommen könnte und auch Hindernisse wie zum Beispiel Äste oder Straßenschilder oder Steine das Verletzungsrisiko erhöhen könnten, ist eine Reitschutzweste bei Ausritten im Gelände empfehlenswert.

Sicherheitswesten und Rückenprotektoren – worin liegen die Unterschiede?

Sicherheitswesten und Rückenprotektoren tragen beide – in unterschiedlichem Ausmaß – zum Reitschutz bei. Sie unterscheiden sich in erster Linie in Bezug auf die Schutzwirkung, allerdings gibt es auch einige Punkte, die sich stark auf den Tragekomfort auswirken.

Sicherheitswesten
Rückenprotektoren

Aufbau / Schnitt
Weste, die an Brustkorb und Rücken mit Schaumstoffeinlagen ausgestattet ist. Hinten meist etwas länger geschnitten. Verstellbar mittels RV oder Klettverschlüssen an Schultern und am Brustkorb.Rückenprotektoren aus mehrlagigen Schaumstoffschichten, die an der Vorderseite mittels Gurtstrippen, RV oder Klettverschluss geschlossen werden. Auf veraltete Modelle mit harten Plastikelementen an der Rückseite verzichten wir bewusst, da die Schutzwirkung hier oftmals geringer ausfällt.
Welche Körperteile werden geschützt?– Brustkorb
– innere Organe
– Schulterpartie
– Wirbelsäule
– je nach Modell Teile des Schlüsselbeins
– Wirbelsäule
– je nach Modell Schulterpartie
– je nach Modell leichte Protektoren am Brustkorb und an den Seiten
Gültige NormEN 13158 (Europäische Prüfnorm) – Level 3 für maximalen Schutz empfohlen
BETA 2018 (Britische Prüfnorm) – Level 3 für maximalen Schutz empfohlen
Motorrad-Prüfnorm EN 1621-2
Varianten– Klassische Sicherheitsweste mit großen Schaumstoffplatten
– Sicherheitsweste mit kleineren Panelelementen aus Schaumstoff, die eine flexiblere Passform und mehr Bewegungsspielraum ermöglichen.
– Klassischer Rückenprotektor mit Gurtstrippen
– Rückenprotektorwesten mit RV. Diese können zusätzlich oben einen leichten Brust-, Rippen- und Schulterschutz verfügen.
Steeds Rückenprotektorweste XT
Vorteile– umfassender Schutz des Oberkörpers
– großes Sicherheitsempfinden
– viele Verstellmöglichkeiten
– schützt gezielt die Wirbelsäule
– hoher Tragekomfort durch mehr Flexibilität und dadurch alltagstauglich
– geringes Gewicht
– preiswert
Nachteile– schränkt Bewegung ein, da die Schaumelemente recht dick sein müssen.
– im Sommer: Wärmeentwicklung
– im Winter: Kleidung muss entsprechend gewählt werden
– teurer als Rückenprotektor
– keine bis gering ausgeprägte Schutzwirkung im Bereich des Brustkorbs (inkl. innerer Organe) und der Schultern, abhängig nach Ausstattung
Schutzwirkung*****

Egal für welche Reitschutzweste du dich entscheidest, damit eine Sicherheitsweste oder ein Rückenprotektor seine volle Schutzwirkung entfalten kann, muss beim Kauf auf eine optimale Passform geachtet werden. Zudem sollte man einige Punkte im Umgang mit der Reitschutzweste bedenken, wie zum Beispiel die idealen Lagerungsbedingungen oder auch der regelmäßige Austausch deines Reitschutzes ? auch wenn du unfallfrei geritten bist. Du möchtest mehr Informationen, was beim Kauf und Gebrauch einer Sicherheitsweste oder eines Rückenprotektors zu beachten ist? Wir teilen unser Expertenwissen zum Thema Reitschutz in unserem Ratgeber: